Akupunkturzentrum Dr. Dorfer Graz
  • Laser Akupunktur und Effekte im Gehirn

    von Univ.-Prof. DI DDR. Gerhard Litscher
    Biomedizintechnische Forschung in Anästhesie und Intensivmedizin, Medizinische Universität Graz
Prof. DDr. Litscher

Prof. DDr. Litscher

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ie Stimulation von Akupunkturpunkten mittels Nadeln oder Laserlicht kann peripher und im Gehirn ganz spezifische Effekte evozieren. Diese Veränderungen sind mit modernsten biomedizintechnischen Methoden erstmals objektivierbar und quantifizierbar. Die Lasernadelakupunktur repräsentiert eine neue, schmerzfreie Methode zur primär optischen Stimulation von Akupunkturpunkten. Lasernadeln werden nicht in die Haut eingestochen, sondern lediglich auf den Akupunkturpunkt aufgesetzt. Diese Methode erlaubt erstmals die simultane Stimulation individueller Punktkombinationen nach Schemata der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM).

Im Folgenden soll in komprimierter Form ein aktueller Überblick über wissenschaftlich Gesichertes und Innovatives zu dieser Form der schmerzfreien Akupunktur vermittelt werden. Dabei werden Studien vom Grazer Acu-Lab zur Thematik: Objektivierung zerebraler Effekte der Lasernadelakupunktur mit Hilfe der funktionellen multidirektionalen transkraniellen Doppler Sonographie, dem funktionellen Magnetresonanzimaging (fMRI) und der Nahinfrarotspektroskopie (NIRS) zusammengefasst.

Licht ersetzt die Nadeln

Mit dem Begriff "Laser" geht heute für viele Menschen eine Faszination einher. Innovation und Laser sind fast zu Synonymen geworden. Die physikalischen Grundlagen zur so genannten Lichtverstärkung durch stimulierte Emission wurden jedoch bereits von Albert Einstein 1917 formuliert.

In der Medizin ermöglicht der Laser nicht nur patientenschonende Behandlungen, sondern mannigfaltige selektive Therapien in nahezu allen Disziplinen. Auch in der Akupunktur ist der Laser zu einem wichtigen Instrument geworden. Man denke nur an die Behandlung von Kleinkindern oder von Patienten mit Nadelphobie. Der vorliegende Beitrag liefert eine Übersicht über bisherige klinische, experimentelle durchgeführte Untersuchungen zu dieser neuen Methode der optischen Akupunkturpunktstimulationstechnik. Da bei der Lasernadelakupunktur der Proband bzw. Patient die Intervention nicht spürt, darüber hinaus an unterschiedlichen Akupunkturpunkten kontinuierlich


und simultan stimuliert werden kann, ist es in der Akupunkturforschung erstmals möglich, doppelblinde, randomisierte, kontrollierte, cross-over Studien durchzuführen. Die beschriebene Studie zeigt, dass die zerebralen Effekte dieser Stimulationsart durchaus Nadeläquivalenz besitzen. Erstmals war es auch möglich, neben komplexen multidirektionalen Ultraschalluntersuchungen, Nachweise von zerebralen Funktionsänderungen nach Lasernadelstimulation mit Hilfe der funktionellen Magnetresonanzuntersuchung zu erbringen.

Dabei konnten auch Punkte in „Kopfnähe“ während der fMRI Untersuchungen stimuliert werden, was bisher mit Akupunkturnadeln und handgehaltenen Laserstiften auch nicht möglich war. Die neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse sind nicht nur für die Lasermedizin, sondern generell für die Akupunkturforschung von großer Bedeutung.

Funktionelle multidirektionale transkranielle Doppler-Sonographie (fTCD)

Zur Messung der mittleren Blutflussgeschwindigkeiten in unterschiedlichen zerebralen Arterien wurden eine 4-MHz- (A. ophthalmica (OA)) sowie 2-MHz Sonden (A. cerebri posterior (PCA), A. cerebri anterior (ACA), A. cerebri media (MCA)) in eigens entwickelten Ultraschallsondenhalterungskonstruktionen eingesetzt.
"Auch Laserlicht hat Akupunkturnadel ähnliche Effekte!" – Prof. DDr. Litscher

Funktionelles Magnetresonanzimaging (fMRI)

Die fMRI-Untersuchungen wurden mit einem 1,5 Tesla Ganzkörpersystem durchgeführt (Abb. 2). Die für den BOLD (blood oxygen level dependent) Kontrast sensitiven Bilder wurden mit einer T2* gewichteten Gradientenechosequenz aufgenommen (single shot planar readout, Kippwinkel 90°, TE 50 ms, FOV 250 mm, Matrix 96 x 96 interpoliert auf 128 x 128, Schichtanzahl 30, Schichtdicke 4 mm). Es wurden insgesamt 144 Volumenbilder kontinuierlich nacheinander mit einer Wiederholungszeit von 5 Sekunden erfasst. Die fMRI-Studie basierte auf einem Blockdesign mit abwechselnd jeweils einer Minute Ruhebedingung („R“) und einer Minute Lasernadelaktivierung („A“). Das Experiment begann mit „R“, gefolgt von der Lasernadelbedingung „A“. Insgesamt wurden sechs „R“ und sechs „A“ Intervalle registriert. Jede fMRI Datenaufnahme dauerte somit 12 Minuten.
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Nahinfrarot-Spektroskopie (NIRS)

Bei den nahinfrarot-spektroskopischen Untersuchungen zur Lasernadelakupunktur werden Messgrößen, wie Änderungen von Oxyhämoglobin (.O2Hb) und Desoxyhämoglobin (.HHb) nach dem Lambert-Beer- Prinzip ermittelt. Mit neuen Systemen können Alterationen der Parameter absolut gemessen werden (µmolar), aber nicht das Niveau (die absolute Konzentration), bei dem diese Änderungen (in positiver oder negativer Richtung) stattfinden. Solange keine Konzentrationsänderung vorliegt, beträgt der Messwert Null. Mit einer Silikonhalterung ist die Fixierung des Sensors (Emitter und Nahinfrarotlicht- Detektoren) am Kopf durchführbar.
  • Lasernadelstimulation

    Die Lasernadel- (Schikora, D.: European Patent Nr. PCT/EP 01/08504) Akupunktur erlaubt, wie bereits erwähnt, die simultane Stimulation individueller Punktkombinationen. Dabei sind Variationen und Kombinationen der Akupunktur am Körper nach der TCM, am Ohr (Abb. 1a) oder an der Hand, nach der Koreanischen (KHA) oder Chinesischen (CHA) Handakupunktur möglich. Die Methode basiert auf einem Mehrkanalsystem mit 8 separaten Halbleiterlaserdioden mit Emissionswellenlängen von 685 nm und 785 nm. Das System besteht aus flexiblen optischen Lichtwellenleitern, welche die Laserstrahlung nahezu verlustfrei zur Lasernadel leiten. Dadurch erreicht man eine hohe optische Leistungsdichte an der distalen Lasernadel-Austrittsöffnung. Die Intensität der Lasernadeln ist so optimiert, dass der Patient die Aktivierung der Nadel nicht spürt (30–40 mW pro Nadel; Durchmesser 500 µm; Dauer 10 min; Energiedichte 2,3 kJ/cm2 pro Akupunkturpunkt). Nähere Details zur Methode sind wissenschaftlichen Publikationen zu entnehmen.
  • Beurteilungsparameter

    Beurteilt wurden im Rahmen der zerebralen Ultraschallmessungen u.a. die zum Teil simultan und kontinuierlich gemessenen mittleren Blutflussgeschwindigkeiten (vm) in der OA, MCA, PCA und der ACA zu verschiedenen Messzeitpunkten (a–e). Einige Versuchspersonen wurden mit unterschiedlichen Akupunkturschemata getestet. Dabei betrug das Intervall zwischen den einzelnen Experimenten 30 min bis 1 Tag und die Probanden wurden gebeten die Augen während der gesamten aktiven Untersuchungsphase geschlossen zu halten. In ähnlicher Weise war es den Versuchspersonen auch während der fMRI-Untersuchung nicht möglich festzustellen, ob die Lasernadeln aktiviert oder deaktiviert waren.
  • Probanden und Prozedere

    Im Rahmen dieses zusammenfassenden Beitrages werden insgesamt 511 Messungen von 231 gesunden Probanden (129 Frauen, 102 Männer) im mittleren Alter von 25,2 ± 3,5 (`x– ± SD) Jahren (18 bis 38 Jahre) präsentiert. Die Studienprotokolle wurden von der Ethikkommission der Medizinischen Universität Graz genehmigt und alle Personen gaben schriftlich ihr Einverständnis. Kein Proband hatte nachweisbare visuelle, neurologische, olfaktorische oder psychologische Defizite oder stand unter dem Einfluss zentral wirksamer Pharmaka. An den Probanden wurden maximal 8 Akupunkturpunkte gleichzeitig in verschiedenen Messreihen getestet. Die Daten wurden mit „One-way repeated measure ANOVA“, unter Verwendung des Computerprogramms SigmaStat, analysiert. Als post hoc-Analysen wurden die in den einzelnen Publikationen angegebenen Tests verwendet. Das Signifikanzniveau wurde, wenn nicht explizit anders angegeben, mit p < 0,05 festgelegt. Die fMRI-Daten wurden mit SPM 99 (Statistical Parametric Mapping) - Software analysiert und ausgewertet. Alle aufgenommenen Bilder der Versuchsperson wurden neu angeordnet und dafür wurde das erste Bild als Referenz genommen, wobei die „Sinc-interpolation“ verwendet wurde. Die funktionellen Bilder wurden räumlich auf ein Standardgehirn normalisiert und danach mit einem 6 mm Gauss- Kernel geglättet. Die aktivierten Voxel wurden durch einen Kontrast der Aktivierungsbedingung gegen die Ruhebedingung bestimmt. Änderungen unterhalb des Niveaus von p < 0,05 (die Korrektur für multiple Vergleiche wurde unter Berücksichtigung der räumlichen Ausdehnung der Aktivierung durchgeführt) wurden als signifikant erachtet. Die aktivierten Regionen wurden mit Hilfe des Tailairach- Atlas lokalisiert.
  • Ergebnisse

    Unter Verwendung des Laserpunkturschemas (TCM: Zanzhu und Yuyao; Ohr: Auge und Leber; KHA: E2; CHA:Yan Dian) steigt die Strömungsgeschwindigkeit des Blutes in der OA bei Verwendung einer Wellenlänge von 685 nm signifikant (p = 0,01) an. Eine Steigerung der Stimulusintensität um 30 % bewirkt jedoch lediglich eine Erhöhung von vm in der OA um im Mittel 11 %. Gleichzeitig kam es zu nicht signifikanten Veränderungen von vm in der MCA. Unter Verwendung der Lasernadelakupunktur mit einer Wellenlänge von 785 nm kommt es ebenfalls zu einer markanten, aber nicht signifikanten (p = 0,546) Erhöhung von vm in der OA während der Reizapplikation. Eine kurzzeitige Stimulation (je 20 sec) mit einem handgehaltenen Low Level Laser (19 mW) der einzelnen Punkte ergab zwischen den Zuständen vor und nach Stimulation keine signifikanten (p = 0,939) Unterschiede von vm in der OA.

    Die Abbildung 5 zeigt die Veränderungen von vm in der ACA und der PCA unter Verwendung unterschiedlicher Laserpunkturschemata (A, B). Bei Verwendung des Laserpunkturschemas A steigt vm während der Stimulation (b - d) in der ACA signifikant (p < 0,001) an und ist am Ende der Untersuchung (e) noch immer höher als vor Laserpunktur (a). Gleichzeitig kam es in der PCA zu nicht signifikanten Veränderungen von vm. Bei optischer Stimulation der Akupunkturpunkte des Schemas B hingegen kam es zu einer signifikanten Erhöhung (p < 0,002) Erhöhung von vm in der PCA bei gleichzeitigen nicht signifikanten Alterationen in der ACA. Die erstmals in Graz erhobenen fMRI-Ergebnisse unter Lasernadelakupunktur sind in der Abbildung 6 zusammengefasst. Signifikante (p < 0,05) Veränderungen der Gehirnaktivität konnten im okzipitalen und frontalen Bereich während Stimulation visueller Akupunkturfernpunkte und in der Nähe des olfaktorischen Kortex während der Aktivierung von Akupunkturpunkten, welche nach Vorstellungen der TCM mit der Riechfunktion in Zusammenhang stehen sollen, festgestellt werden. Darüber hinaus ergaben sich signifikante (p < 0,001) Aktivierungen nach Stimulation des Punktes Yintang im fronto-parietotemporalen Bereich, welche mit massiven EEG-Veränderungen (Auftreten von frontaler Delta-Aktivität) einhergegangen sind. Während sich unter Akupunktur an Placebopunkten nahezu keine Veränderungen zeigen, sind die Zunahmen unter Lasernadelakupunktur deutlich ausgeprägt.
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Fazit für die Praxis

Akupunktur nach Kriterien der Traditionellen Chinesischen Medizin kann mit Lasernadeln erstmals schmerzfrei durchgeführt werden. Die Lasernadelakupunktur kann im Gehirn spezifische, reproduzierbare Veränderungen induzieren. Dies äußert sich in Verschiebungen von unterschiedlichen Parametern, wie z. B. der zerebralen Blutflussgeschwindigkeit.